Dienstag, 19. März 2013

El nariz del Diablo - Teil 2

Buenos diaz chicos

Es regnet. Ja, auch das gibt es in Cuenca. Als ich am Mittag von der Schule nach Hause ging, war noch eitler Sonnenschein und jetzt regnet es aus Kuebeln. Aber ich kann mich wirklich nicht beklagen, denn bisher hat es hier wirklich nur ganz selten geregnet. Und wenn, dann immer nur kurz... und nach einer Stunde kann durchaus wieder die Sonne hervorkommen. Daran muss man sich hier gewoehnen. Also kann ich mir ohne schlechtes Gewissen ein wenig Zeit für den zweiten Teil der Story ueber den nariz del diablo nehmen.

Also, wo war ich stehen geblieben. ah ja, kurz vor der Zugfahrt ueber die <Nase des Teufels>. Vielleicht zuvor noch ein bisschen Geschichte. Um die vergangene Jahrhundertwende wurde eine beruehmte Bahnstrecke, die Ferrocarril Transandio erreichtet, um die beiden groessten Staedte Ecuadors, Quito und Guayaquil zu verbinden. Sie war die wirtschaftliche Lebensader fùer den Gueteraustausch zwischen der Kueste (Guayaquil) und dem Hochland (Quito) und zugleich eine ingenieurtechnische Meisterleistung. Aber diese Tage sind leider vorbei, der Aufstieg der Autoindustrie und Naturkatastrophen sorgten fuer den Niedergang der ecuadorianischen Eisenbahn. Nur noch ein paar kurze Teilstrecken sind noch in Betrieb, welche heute hauptsaechlich von Touristen genutzt wird. Die bekannteste und aufregenste davon ist jene von Alausi nach Sibambe, welche die Nariz del Diablo hinunterfuert, eine 765m  hohe Felsrippe. Um diese Hoehe in moeglichst wenigen Fahrmetern ueberwinden zu koennen, erdachten sich die Ingenieure ein schlaues Verfahren. In den Berghang wurde eine Zickzackroute eingekerbt. Der Zug zuckelt ein Stueck nach Norden, wechselt das Gleis, zuckelt nach Sueden, wechselt wieder das Gleis, und so weiter. Viele Arbeiter verloren damals beim Bau in der Steilwand ihr Leben.

Soviel zur Geschichte. Da diese Attraktion bei Touristen sehr beliebt ist, muss man unbedingt Plaetze im Voraus reservieren. Normalerweise faehrt der Zug dreimal taeglich. Eine Woche vorher waren nur noch fuer die Sonntags-Fahrt um 15 Uhr erhaeltlich. Das Sekretariat in der Schule half uns beim Buchen. Nach einem sehr guten mexikanischen Mittagessen in einem kleinen, aber netten Restaurant, machten wir uns auf den Weg, die restlichen Sprachstudenten, welche erst am Sonntag anreisten, zu treffen. Insgesamt waren wir 7 Studenten. Zum Glueck hat bei der Buchung alles geklappt und so konnten wir schon bald unsere Tickets entgegennehmen (25 Dollar fuer eine 2,5 stuendige Fahrt, das ist sehr teuer fuer Ecuador). Kurz vor drei Uhr begaben wir uns dann zum Bahnhof. Ich muss sagen, dass ich schon sehr enttaeuscht war, als da ein supermoderner Zug stand. Ich hab da Geschichten gelesen von alten, antiken Bahnwagons, wo man noch in der frischen Luft auf dem Dach sitzen kann. Leider wurden die Wagons vor ende letzten Jahres durch neue, sehr bequeme ersetzt. Ich fand das mega schade, denn dabei ging das ganze nostalgische Feeling verloren. Das einzige, was diese Wagons von denen in der Schweiz unterscheidet war, dass keine festen Sitzbaenke, sondern lose Stuehle aufgestellt wurden. Nun, dann halt modern, was solls. Wir setzten uns also auf die nummerierten Stuehle und los ging die Fahrt.

Ehrlich gesagt, war ich doch recht enttauscht von der ganzen Fahrt. Die Aussicht ist zwar schoen (wenn man auf der richtigen Seite sitzt) aber die Aussicht aus dem Bus auf der Hinfahrt konnte sie auf keinen Fall toppen. Und alles war sehr sehr touristisch. Klar ist die Lage der Schienen und die Kehrtwendungen einzigartig, aber so richtig aus den Socken hats mich jetzt nicht gehauen. nach ca. 45 Minuten waren wir im Tal angelangt, wo es dann wirklich kitschig wurde. Da erwarteten uns Taenzer in traditionellen Kleidern, welche uns eine kostprobe ihrer Tradition zeigten - die Musik dazu war dann aber doch recht modern. Zudem konnte man reiten, sich mit einem Lama fotografieren lassen und im nahegelegenen Kaffee gabs dann einen Lunch im Stile einer Massenabfertigung - alles uebelst uebertrieben. So kam es mir wenigstens vor. Ein Museum und ein Kunstmark rundeten das Ganze noch ab. Nichts von Nostalgie. Nur Kitsch pur.







Die Bahn ueber den Nariz del Diablo wurde total erneuert und modernisiert. Schade fuer alle Nostalgiefans.
Die Aussicht war nicht so prickelnd. Ein Fahrt mit dem Autobus ziehe ich jederzeit vor. Viel billiger und ein wirkliches Erlebnis.




Nariz del Diablo heisst auf deutsch Nase des Teufels. Ist aber ein rechter Zinken, he...


Ja, die Blumen, die waren schoen.


Ich war dann wirklich froh, als wir wieder nach Alausi fuhren. Klar, ich habs jetzt mal gesehen, aber wirklich empfehlen wuerde ich das keinem. Die Hinfahrt und das Dorf Alausi mit den Sonntagsmaerkten ja, auf jeden Fall. Aber die Bahnfahrt, auf die haette ich wirklich verzichten koennen (und das war nicht nur meine Meinung - Chris. Ich wuerde mir das nochmals ueberlegen).
Ach ja, was ich noch vergessen habe, zu erwaehnen, ist, dass der letzte Bus nach Cuenca um halbsechs abfuhr - just genau zu der Zeit, als unser Zug wieder in Alausi ankam. Uns blieb also nichts weiteres uebrig, als schnellstens ein Taxi zu nehmen und welches uns dann in einer Horrorfahrt an einer Bushaltestelle irgendwo an der Hauptstrasse absetzte - in der Hoffnung, dass dann irgendwann doch noch ein Bus nach Cuenca vorbeikommt (dies sei alle halbe Stunde der Fall, hat man uns gesagt). Wir wurden um kurz vor fuenf abgesetzt, um halb sieben war immer noch kein Bus vorbeigekommen und es hat auch noch angefangen zu regnen. So langsam rechneten wir damit, das wir uns wohl doch ein Tax fuer die vierstuendige Fahrt nehmen muessen, als dann doch noch ein Bus kam und uns mittnahm. Wir waren unheimlich erleichtert, denn so langsam wurden wir muede.
Auf der Rueckfahrt schliefen dann alle fast sofort ein, nur ich hatte mich neben eine Ecuadorianerin gesetzt, mit der ich mich fast die ganze Fahrt ueber unterhielt. Sie war wirklich sehr nett und wurde trotz meinen immer noch minimalen Sprachkenntnissen der Konversation nicht muede. Fuer mich war das natuerlich optimal, denn so lernt es sich am leichtesten. Und interessant war das Gespraech auch noch. Das hat mir grad wieder einen Motivationsanstoss gegeben, denn die letzte Zeit war ich doch ab und an etwas frustriert bezueglich meiner Sprachvortschritte. Und zudem ist das doch ein gutes Zeichen fuer meine Reise in zwei Wochen - irgendwie geht es naemlich schon. Man muss nur die richtige Person finden.
Um halb elf nachts sind wir dann schliesslich wieder in Cuenca angekommen. Alle waren muede und wollten nur noch moeglichst schnell nach Hause. Fuer mich gab es aber noch eine letzte Uebung fuer diesen Tag. Ich habe ja bereits erzaehlt, dass vor dem Haus meiner ecaudorianischen Familie der Park umgebaut wird und deshalb eine riesige Baustelle herscht, welche natuerlich eingezaeunt ist. Dumm ist nur, dass sich das Haus selbst in dieser Einzaeunung befindet. Und die Einzaeunung wird um zehn abgeschloss. wer dann noch draussen ist, muss entweder den Nachwaechter anrufen, oder draussen bleiben. Ich wusste das natuerlich, hab aber nicht damit gerechnet, erst um halbzwoelf beim Haus anzukommen. Monika wollte ich natuerlich nicht mehr aus dem Bett holen, da die Kids am naechsten morgen ja wieder in die Schule mussten ( ich uebrigens auch). Mein Glueck war es, dass es in Cuenca zuvor richtig gestuermt hatte und dadurch die Bretterumzaeunung an einer Stelle etwas defekt war. Ich konnte gerade mal noch so durchschluepfen. Ha, ausgetrickst! Ich war erleichtert, dann nach einem derart ereignisreichen Wochenende sehnt man sich dann doch auf sein Bett.

Am naechsten Tag war ich dann echt muede. In der Schule ging dann fast gar nichts mehr. Aber zum Glueck waren Sara und Timo, meine Mitschueler, ja auch nicht in besserer Verfassung, denn sie waren ja auch mit dabei. Fazit aus meinem letzten Ausflug: nicht alles, was im LonleyPlanet als hervorragend angepriesen wird, muss auch so sein. Die Fahrt nach Alausi hat sich auf jeden Fall gelohnt (alleine schon das Huhn hinter mir war zum gackern). Der Nariz del Diablo ist aus meiner Sicht nur etwas fuer Gringos, die mit moeglichst wenig eigenem Aufwand moeglichst viele Fotos zu Hause zeigen moechten um damit anzugeben, in was fuer gefaehrliche Situationen sie sich begeben haben. Muss echt nicht sein.

So, jetzt hats auch wieder aufgehoert zu regnen. Muss jetzt noch ein wenig Hausaufgaben machen und um halb sieben treffen wir uns wieder in der Schule zum suedamerikanischen Filmabend. Und morgen heisst es dann wieder Salsatanzen! ;-) Que chevere!

chao y un abrazo para todos.
Mike

PS: diese Texte sollen ja, wie mir zu Ohren gekommen ist, auch mal ab und zu als Gutenachtgeschichte dienen. In diesem Sinne, gute Nacht Jael. Schlaf gut und träume schön. Dein Goetti.


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